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Der hier abgedruckte Artikel erschien am 19.Januar 2006 in der Lokalausgabe Sigmaringen der Schwäbischen Zeitung.


 

St. Meinrad ist der Familienheilige des Zollernhauses

Von unserem Mitarbeiter Dr. Otto H. Becker

SIGMARINGEN - Am 21. Januar begeht die Universalkirche den Namenstag des Heiligen Meinrad, der 861 als Einsiedler von zwei Räubern in seiner Klause im "Finsteren Walde" unweit des Zürichsees erschlagen wurde. Meinrad soll ein Angehöriger des Zollerngeschlechts gewesen sein.

Über der Einsiedelei und der letzten Ruhestätte des Heiligen entstand später der berühmte Wallfahrtsort Maria Einsiedeln, dessen zweiter Patron Sankt Meinrad ist. Zu der Benediktinerabtei und ihrem Gnadenbild unterhielten die Grafen von Zollern bereits im Spätmittelalter enge Beziehungen. Ende des 16. Jahrhunderts verdichtete sich die historisch nicht nachgewiesene Auffassung, wonach Sankt Meinrad, der aus Sülchen im Sülchgau stammte, ein Angehöriger des Zollerngeschlechts gewesen sein soll.

Der "Stammverwandte" wurde schließlich zum Familienheiligen des Zollernhauses. So ist Meinrad auf dem Deckenfresko der Pfarrkirche Sankt Johann in Sigmaringen mit seinen Attributen, den beiden Raben, und mit dem gevierteilten Zollernschild als Heiliger und als Angehöriger des Fürstenhauses Hohenzollern dargestellt.

Die Grafen und Fürsten der 1576 entstandenen Linien der schwäbischen Hohenzollern pilgerten mit großer Regelmäßigkeit nach Maria Einsiedeln und überhäuften die Meinradszelle und das Gnadenbild mit Gaben und Geschenken. Zwei Fürsten der Sigmaringer Linie, nämlich Meinrad I. (1638 bis1681) und Meinrad II. (1689 bis 1715), trugen den Namen des Hausheiligen. Bis auf den heutigen Tag kommt Meinrad als Vorname bei den Angehörigen des Fürstenhauses recht häufig vor. Bereits 1602 hatte das Hauskloster der Sigmaringer Linie, das Augustinerchorfrauenstift Inzigkofen, mit der Abtei Einsiedeln eine Gebetsgemeinschaft geschlossen, eine Verbindung, an die heute noch die Einsiedlerkapelle erinnert. 1681 nahm Maria Einsiedeln das Haus Hohenzollern-Sigmaringen unter seine Stifter und Wohltäter auf und erklärte es aller seiner Gebete und guten Werke teilhaftig. Fürst Josef Friedrich (1715 bis 1769) ließ 1763 einen Nebenaltar der Annakirche in Haigerloch zu Ehren von Meinrad weihen.

Ein großer Verehrer Meinrads war auch Fürst Anton Aloys (1785 bis 1831). Er ließ 1826 ein Glasgemälde mit der Darstellung des Todes des Heiligen Meinrad für die Schlosskapelle in Sigmaringen herstellen. Seit dieser Zeit wurde vermutlich auch das Meinradsfest jeweils mit einem Hochamt in der Schlosskapelle begangen. Die Kapelle wurde deshalb von Pfarrer Eger 1857 als "St. Meinradi-Schloßkapelle" bezeichnet. Offiziell erhielt die Schlosskapelle jedoch erst nach ihrem Wiederaufbau 1907 auf Veranlassung des Fürsten Wilhelm (1905 bis 1927) das Meinradspatrozinium.

Auch das evangelische preußische Königshaus erwies dem "Stammverwandten" Meinrad seine Reverenz. Karl Anton unternahm mit seiner Familie anlässlich seiner silbernen Hochzeit 1861 eine Wallfahrt nach Einsiedeln. Bereits 1855 hatte der Fürst den Maler Bernhard Mücke, Professor an der Kunstakademie in Düsseldorf, den Auftrag erteilt, ein Bild des Heiligen Meinrad anzufertigen. Der Künstler schuf schließlich einen Zyklus von elf Bildern über Stationen aus dem Leben und vom Tode Meinrads, der heute in der Erlöserkirche Hedingen zu sehen ist. 1853 wurde das Teehaus im Fürstlichen Park in Inzigkofen zu einer Meinradskapelle umgebaut.

Zum Millenium der Abtei Einsiedeln 1861 ließ sich Fürst Karl Anton durch seinen Vertrauten Baron von Mayenfisch vertreten. König Wilhelm I., der spätere Kaiser, schickte an den Abt ein Handschreiben, worin die bemerkenswerte Passage enthalten ist: "Es ist zu meiner Kenntniß gekommen, dass Euer Hochwürden ...den tausendjährigen Gedächtnißtag des Todes des frommen Mannes begehen werden, welchem die Gottesverehrung in Kloster Einsiedeln ihre Begründung verdankt und alte Überlieferungen eine nahe Verwandtschaft zu dem Stamme der späteren Grafen von Zollern und Hohenberg zuschreiben".

Der Pflege des Meinradskultes fühlte sich auch Fürst Friedrich von Hohenzollern (1927-1965) verpflichtet. So stiftete der Fürst dem damaligen Jugendhaus St. Meinrad in Rottenburg am Neckar eine Statue des Heiligen. 1948 ließ er die durch einen Brand zerstörte Meinradskapelle im Park in Inzigkofen durch einen Holzbau neu errichten. 1950 stiftete der Fürst für die Pfarrkirche Sankt Johann in Sigmaringen die "Meinradsglocke". Wohl nicht ohne Zutun des Fürsten erhielt die 1956/57 in Laucherthal erbaute Kirche das Meinradspatrozinium.